Menschen und Grenzen 2

Ich war vier Tage in Wien. Gestern Abend bin ich zurück gekommen. Es war meine erste Reise, die ich allein durchführte, nachdem mich mein Betriebsleiter vor vier Wochen bei einer gemeinsamen Wien-Tour eingearbeitet hatte. Für mich war es ziemlich anstrengend, denn ich musste ja nicht nur den Bus fahren, dabei zweiundvierzig Gäste sicher ans Ziel bringen und bei Laune halten, sondern noch all die inneren Ängste nieder halten, die mit mir in Wien waren. Es war viele Situationen, die mit Angst behaftet waren, denn alles sollte ja reibungslos funktionieren: das Fahren im städtischen Verkehr, das Treffen mit der Stadtführerin, die Organisation der Schlossführung, das Zurechtfinden und vieles mehr. Ich habe mich all dem gestellt und alles hat funktioniert, mehr oder weniger glatt.

Während der ganzen Reise stand mir Angelika zur Seite, die begleitende Hostess, die sich besonders um das leibliche Wohl der Gäste während der Busfahrt kümmert. Gleichzeitig ist es ihre Aufgabe, den Fahrer dort zu unterstützen, wo er nicht gleichzeitig an zwei Stellen sein kann. Das waren zum Beispiel ein dringendes Telefonat, während ich fuhr oder auch das Anführen der Gruppe auf dem Weg ins Restaurant, während ich noch auf die letzten Gäste beim Ausstieg aus dem Bus wartete, um das Fahrzeug danach abzuschließen. Oder auch das Verteilen der Fragebögen am Ende der Reise, während wir mit 100 km/h Richtung Heimat unterwegs waren.

Wir haben beide hervorragend zusammen gearbeitet. Es war eine Freude, zu erleben, wie sie mit ihrer schwäbischen Art und ihrem Dialekt den Nerv der Gäste hundertprozentig traf, etwas, was ich als „Exil-Preuße“ niemals hätte leisten können. Wir haben alle Untiefen und Schwierigkeiten bei der Organisation der Reise gemeinsam bewältigt und es war eine positive Erfahrung, mit ihr unterwegs gewesen zu sein. Und auch für sie war es positiv, denn ihre Erfahrungen mit anderen Fahrern unserer Firma sind nicht sehr gut gewesen. Wir kamen als Team bei unseren Gästen hervorragend an und wurden mit einem guten Trinkgeld belohnt.

Ein paar Male hatte ich mit ihr Probleme. Zum Einen gab sie andere Informationen an die Gäste weiter, als ich vorher gegeben hatte. Das führte zu etwas mehr Unordnung und Verunsicherung bei den Gästen, als nötig war. Zum Anderen packte sie mich immer am Arm, wenn sie mir etwas vermeintlich Wichtiges mitteilen wollte, ein paar Mal zog sie auch daran. In einer spaßigen Szene machte ich ihr klar, dass das für mich inakzeptabel war, sie dabei den Ernst meiner Aussage aber durchaus spüren konnte. Und als wir auf dem Heimweg in Stift Melk eine Pause einlegten, lud ich sie zu einem Kaffee ein und sprach ganz ruhig diese beiden Situationen mit ihr durch.

Und das war eine sehr positive Erfahrung mit Menschen und Grenzen: Es geht nämlich! Wenn mein Gegenüber mich und meine Grenze respektiert, lassen sich ganz friedlich Grenzen setzen. Und es sind nur wenig Worte dafür notwendig, die zu finden und zu wählen mir in dieser Situation leicht fiel – auch aus Respekt vor ihr und ihrer Arbeit. Schön wäre es, wenn es immer so ginge.

Menschen und Grenzen 2

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