Derzeit fahre ich täglich sicher mehr als zweihundert Kilometer. Allein die An-und Abfahrt zur Arbeit machen achtundsiebzig Kilometer aus, und manchmal kommen auf meinen Touren noch mehr als zweihundertfünfzig dazu. Und dank meines Dienstplans fahre ich oft bei Dunkelheit.
Als ich in den vergangenen Tagen mit müden Augen kurz vor vier Uhr morgens auf der Bundesstraße zur Arbeit fuhr, musste ich mit einem ziemlichen Haken um einen frischen Kadaver herumfahren. Mutmaßlich war es einmal ein Fuchs gewesen. Mich schauderte bei dem Gedanken, mit voller Fahrt darüber zu fahren – so, wie es mir einmal mit dem Reisebus passiert war, als auf einmal ein totes Reh bei Dunkelheit in einer Kurve gelegen hatte und ich nicht mehr reagieren konnte. Sicherlich bin ich mit dem Zwillingsreifen darüber gewalzt, das Ergebnis will ich mir gar nicht vorstellen.
Kurz, nachdem ich an diesem Morgen dem toten Fuchs ausgewichen war, lag am Straßenrand ein totes Wildschwein. Und als ich am Nachmittag wieder heimfuhr, waren die Reste des Fuchs zerfetzt und auf dem Asphalt planiert. Sicher waren die vielen LKW hemmungslos darüber gefahren.
Heute Morgen war ich mit meinem Bus nach Ippingen unterwegs, einem Ort, den man unbedingt kennen sollte. Ich war allein auf der Straße, immerhin war es ja noch vor sechs Uhr und dunkel. Auf einem Stück außerhalb der Ortschaft, auf einer Strecke von sicher fünfhundert Metern, sah ich im Licht des Scheinwerfers viele blutige und zermanschte Reste von Kröten auf dem Asphalt. Vielleicht waren sie alle zur gleichen Zeit losgelaufen und das einzige Fahrzeug, dass in der Nacht gefahren war, hatte sie alle erwischt.
Dieses Erlebnis erzeugte bei mir Übelkeit und hat mich sehr deprimiert. Natürlich habe ich versucht, nicht auch noch darüber zu fahren, obwohl es für die Kröten egal gewesen wäre. Eine Erinnerung an meine Wanderung in Frankreich kommt mir in den Sinn, als ich auf einer kleinen Straße lief und ich dort wahrnehmen konnte, wie viele Tiere aller Art auf unseren Straßen erledigt werden. Natürlich macht sich niemand darüber Gedanken, wenn er einen Regenwurm überfährt. Auch bei einem Käfer wird kein vernünftiger Autofahrer ein Ausweichmanöver fahren.
Ich weiß nicht, wie es anderen Menschen geht. Aber das Gefühl scheinbarer Gleichgültigkeit angesichts des Gemetzels auf der Straße bedrückt und erschreckt mich sehr. Auch beim Wandern versuche ich, nicht bewusst auf ein Tier zu treten. Ähnlich versuche ich es beim Fahren, und der größte Alptraum ist es, einmal versehentlich eine Katze zu erwischen. Wahrscheinlich würde ich in den Graben oder gegen den Baum fahren, während die Katze bereits über den Zaun verschwunden ist und sich nicht einmal umgedreht hat.
Bin ich zu weich?
Servus Matthias, Du bist keinesfalls zu weich. Ich hatte vor vielen Jahren auch ein Erlebnis, was ich bis heute nicht vergessen habe. Morgens gegen 5 Uhr auf der B27 (2spurig)und in der Höhe (diese müsstest Du noch kennen als Du mit dem Hauserbus unterwegs warst) wo von rechts die Autos auf die B27 fahren, lag auf meiner Spur ein totes Reh. Ich war mit 120 km/ h unterwegs…konnte weder nach rechts noch links ausweichen…Lenkrad festgehalten und darüber gefahren…dieses Gefühl wiegesagt werde ich nie vergessen. Danach, sobald es ging rechts auf den Seitenstreifen und mit zittriger Hand rief ich die Polizei an, dass ein totes Reh auf der Fahrbahn liegt und ich nicht ausweichen konnte. Nach Absprache konnte ich ins Geschäft fahren und musste mich nach Feierabend in Reutlingen bei der Polizei melden. Bin davor noch im Autohaus vorbei, weil meinem Golf hast Du nichts angesehen…alles okay. Auf der Hebebühne sah man dann mehr…Auto war in Ordnung…nur viele Haare von dem Reh waren zu sehen. Seitdem habe ich ein mulmiges Gefühl morgens unterwegs zu sein. Letztens ist ein Fuchs über die Fahrbahn gelaufen…durch mein Fernlicht rechtzeitig darauf reagieren können….die Angst sitzt und bleibt. Ich würde natürlich gerne einem Tier ausweichen, kein Thema, aber man soll das nicht, weil man weiß nie, wie das für einen selbst Enden wird, so traurig das auch ist. Wünsche Dir weiterhin gute Fahrt und nichts passiert. Auf diesem Wege wünsche ich Dir schöne entspannte Ostern. Liebe Grüße Jacqueline
Hallo Matthias
ich kann Dich sehr gut verstehen. Ich habe vor ein paar Jahren ein Reh angefahren, morgens um halb sechs. Das Reh ist auf der Gegenfahrbahn verletzt liegen geblieben und hat mich mit traurigen Augen angesehen. Dann wurde es von mehrern vorbeikommenden Autos überfahren. Der Polizist hat es dann an den Strassenrand gelegt und ihm den Gnadenschuss gegeben. Diese Szene hat mir wochenlang Alpträume beschert. Auch tagsüber habe ich sehr lange Zeit diesen furchtbar traurigen und verwundeten Blick immer vor meinen geistigen Auge. Auch jetzt während ich das hier schreibe, sehe ich diese Bilder .
Diesen Anblick werde ich nie vergessen.
Nein, Matthias, Du bist nicht zu weich! Ich kann mich noch heute genau daran erinnern, wann ich mal einen Fastzusammenstoß mit Wildschwein oder Rehen hatte, die aufleuchtenden Augen in der Dunkelheit geben mir jedes Mal einen Stich, und ich weiß auch noch genau, wo ich mal eine Katze überfahren habe. Es war leider unvermeidlich und am Schlimmsten war, dass ich meine Minka auf dem Beifahrersitz neben mir hatte! Auch gestern Abend hätte ich es fast geschafft, eine Perserkatze zu überfahren. Sie hatte Glück, ich habe sie gesehen und konnte bremsen und ausweichen. Sie setzte ihre Strassenüberquerung ganz ungerührt fort, wusste offenbar nicht, in welcher Gefahr sie unmittelbar zuvor geschwebt war. Das Leben ist kostbar und kein Mensch hat es bisher geschafft, einer toten Materie zu sagen: “Lebe!” (Gott sei Dank!!!) Deshalb soll man sich bemühen, dass kein Lebewesen unnötig leiden oder sterben muß. [Wenn man diesen Satz zu Ende denkt, müßte man mindestens Vegetarier werden!] Und zu den armen Kröten: rege doch mal im Landratsamt an, man möge jetzt in der Zeit der Krötenwanderung entsprechende Zäune aufstellen, damit dieses Gemetzel vermieden wird. Die gibt es schon seit mehreren Jahrzehnten . . .!
Nicht zu weich, lieber Matthias – Du hast Respekt vor dem Leben, vor dem Leben aller Tiere. Wünsche Dir weiterhin eine gute Fahrt – möglichst ohne derartigen Zusammenstöße!!