Als ich am Morgen in Wrightwood aufbrach, schien die Sonne vom wolkenlosen Himmel. Nur die große Ebene, an deren Ende Los Angeles liegt, lag unter dichter Bewölkung. Ich hatte mich noch nett mit einem Motorradfahrer unterhalten und ging dann beschwingt wieder auf den Weg.
Dieser bot dann auch gleich etwas Besonderes:
Immerhin ist es doch nett, dass die Entfernungen zu beiden Grenzen angegeben werden. Mich hat es durchaus motiviert. Dagegen war es gut, dass nicht dort stand, was mir als Nächstes bevorstehen würde. Es ging nämlich, wieder einmal, nur aufwärts.
Ziemlich fix und fertig kam ich bei knapp 9400 Fuß an die höchste Erhebung, von der es dann lang anhaltend abwärts ging. Ich übernachtete in einem Camp, in dem geschätzt zwanzig andere Zelte standen. Am nächsten Morgen war es so kalt, dass ich mich ohne Frühstück auf den Weg machte.
Das war keine besonders gute Entscheidung, denn ich fühlte mich viel schwächer als am Tag zuvor. Und – auch wenn ich mich wiederhole – ich ging wieder aufwärts! Und mangels richtiger Kraft schlich ich dann doch ziemlich aufwärts, während es abwärts relativ flott ging. Viel mehr ist von diesem Tag auch gar nicht zu berichten. Ich treffe immer die gleichen anderen Wanderer, unter anderem eine Gruppe von sechs jungen Amerikanern, die hier schon ironischerweise als die „glorreichen Sechs“ bezeichnet worden sind. Und dort, wo ich dann mein Zelt aufschlug, waren auch sie vertreten.
In der Nacht hat es einmal kurz geregnet. Und als ich am Morgen aufwachte, war Eis auf meinem Zelt. Heute war es barbarisch kalt. Ich schlafe bereits sicherheitshalber in der langen Motorradunterwäsche. So friere ich wenigstens beim Schlafen nicht, oder nur geringfügig. Es war so kalt, dass ich Schwierigkeiten hatte, die Finger zu bewegen.
Gottseidank ging es heute lang anhaltend bergab. Und dies gab mir die Möglichkeit, besonders schnell zu gehen, um warm zu werden. Und so jagte ich den Berg herunter, eine Meile nach der anderen hinter mir lassend. Auf diese Weise hatte ich bis kurz nach 12:00 Uhr bereits vierzehn Meilen hinter mir gelassen. Das Wetter wurde immer schlechter. Da die Sonne nicht schien, gab es keine Möglichkeit, ohne das Laufen warm zu bleiben. Damit blieben auch die Pausen weitgehend auf der Strecke. Aus den aufliegenden Wolken fiel Schneegriesel, teilweise schneite es auch richtig.
Gegen 14:30 Uhr begann es dann zu regnen. Die Wolken lagen auf dem Boden auf, sodass sich alles klamm anfühlte. An einer notdürftigen Unterstellmöglichkeit holte ich alle meine Regensachen aus dem Rucksack, auch die Handschuhe für die Hände. Ich war froh, gut ausgerüstet zu sein, denn auf den weiteren sechs Meilen, die ich noch gelaufen bin, hat es fast durchgehend geregnet.
Heute habe ich sogar im Zelt gekocht, damit von der Wärme des Kochens ein bisschen übrig bleibt. Draußen sind zwei Grad plus und ich bin gespannt, wie die Nacht wird. Der Wetterbericht verspricht zumindest, dass morgen den ganzen Tag die Sonne wieder scheinen wird.
Lieber Matthias,
ich verfolge immer mit großer Spannung, wann Du wieder berichtest. Du bist hart zu Dir und ich hoffe, dass du es in den kommenden Monaten lernst besser zu Dir zu sein. Wenn es schon arschkalt ist, solltest du was Warmes frühstücken, das ist keine nette Geste sondern gesundheitlich erforderlich! Bitte denk auch an den kleinen Matthias, der vor Hunger zittert! „Zeigefinger heb – und natürlich eine tröstende, wärmende Umarmung aus good old germany!“
Take care!
Christine