Ich hatte schon seit Jahren sehr intensive Träume. An sehr vieles kann ich mich erinnern, wenn ich es auch lieber vergessen würde. Zum Beispiel die vielen Versionen von mir bevorstehenden Hinrichtungen, die mich stets soweit verstörten, dass der folgende Tag zum Vergessen war. Oder jener, in dem ich meinen Bruder exekutieren sollte. So war es meist extrem intensiv und blieb lange im Gedächtnis und in den Gefühlen haften.
In einem früheren Beitrag über meine Schatten schrieb ich, dass mir sehr bewusst ist, dass ich die schattigen Anteile meines Lebens mit mir auf den Weg nehme. Es ist klar, dass ich sie nicht abschütteln kann. Und so überrascht es mich auch nicht, dass ich hier auf dem Weg intensiv träume, wenn auch nicht in den vergangenen Tagen, als mir derartig die Kraft ausging.
So ist es auch nicht verwunderlich, dass meine Exfrau und die beiden Kinder in der letzten Woche durch meine Träume geisterten, Robert sogar zweimal. Jedesmal spielten sich Szenen ab, deren Struktur mir aus der gemeinsamen Zeit quälend vertraut schien. Und gleichzeitig fühlte ich so viel schmerzhafte Liebe zu meinen Kindern, dass es weh tat, mit dem durch die Träume ausgelösten Gefühlen wieder auf den Weg zu gehen.
Was macht einen guten Vater aus und bin ich das gewesen? Ich habe es versucht. Reicht das? Ich sprach mit einem anderen Hiker während einer Rast über meine Träume und die ausgelösten Gefühle. Seine Kinder sind erst 13 und 15 Jahre alt. Und er war sicher, dass er keine Fehler gemacht hatte. Ich dagegen bin mir sicher, viele falsche Entscheidungen getroffen zu haben, aus Mangel an besserer Einsicht. Und viele Entscheidungen, die eventuell aus anderer Perspektive wie ein Fehler anmuteten, waren die Richtigen – nämlich für mich. Habe ich dazu nicht das Recht gehabt? Macht mich das zu einem schlechten Vater?
Ich laufe seit Jahren mit einem schlechten Gewissen herum. Die schweigende Ablehnung meiner Kinder tut mir mehr weh, als wenn sie mich angreifen und beschimpfen würden. Ich spüre die Ablehnung in den Träumen, manchmal ist sie auch elementarer Teil der Handlung. Natürlich haben sie das Recht auf ein eigenes Leben, und es ist dabei kein zwangsläufiger Bestandteil, seinen Vater zu mögen und Kontakt mit ihm zu halten. Ich kann es nicht erzwingen, wünschte es mir aber sehr.
Vielleicht möchte ich gerne von ihnen als Vater respektiert werden, als ein Mensch, der ebenfalls ein Recht auf ein eigenes Leben hat? Und der sie trotzdem liebt, immer?