Krach

Es gibt Menschen, bei denen vom ersten Moment der Begegnung an klar ist, dass ein Miteinander unmöglich ist und die Chemie nicht stimmt. So begann es schon mit Krach, als ich in Bilbao eintraf. Der „Kollege“ erwartet eher einen zweiten, persönlichen Knecht, den er würde kommandieren können. Zudem war er nicht bereit, meinen Auftrag – den des Fahrers – zu respektieren und den seinen – den des Reiseführers – angemessen auszuüben. So gab es schon Differenzen über die Frage des Navigationsgerätes, der Dienstkleidung und der Art der Begrüßung der Gäste: Alles Dinge, die eigentlich durch Anweisungen der Geschäftsleitung eindeutig geregelt sind.

Und so eskalierte die Situation unter der Oberfläche der Höflichkeit, als er der Betriebsführung mitteilte, dass er nicht mit mir fahren würde und statt dessen sein Koffer für den Heimflug packte. Ich erfuhr das erst, als ich am Abend aus Rottweil angerufen wurde. Zu diesem Zeitpunkt lag das Eintreffen der Gäste keine 20 Stunden mehr vor uns und die Möglichkeiten waren sehr eingeschränkt. Und da der „Kollege“ das Gespräch mit mir verweigerte, wurde er abgezogen und kurzfristig ein Reiseleiter aus Köln eingeflogen.

Mich hat dieser Start in die vierwöchige Tour extrem angestrengt. Lange habe ich nicht so einen Zorn gespürt, besonders über die vielen Dinge, die ich durch unseren Bordsteward über die „Zusammenarbeit“ der letzten Monate mit diesem Kollegen erfuhr. Es war für mich nicht vorstellbar, dass es so etwas geben konnte. Gleichzeitig bin ich froh darüber, dass ich trotz der großen Angst vor der Auseinandersetzung zu meiner Position gestanden habe und den ganzen Auftrag professionell angegangen bin. Auch habe ich gegenüber der Geschäftsleitung zum Ausdruck gebracht, wie ich das Ganze wahrgenommen habe und was es eigentlich für eine Zumutung sei, von mir zu verlangen, gegenüber dem Despoten einzuknicken und zu allem „Ja und Amen“ zu sagen, was er wünscht. Ich hätte es wohl getan, um unsere Gäste nicht im Stich zu lassen.

Aber hatte ich nicht gesagt, dass ich so nicht mehr behandelt werden will? Hatte ich nicht geschrieben, dass ich mich aufgerichtet habe? Und würde ich nicht das Gegenteil getan haben, hätte ich allen Zumutungen widerspruchslos zugestimmt? Hätte ich mich damit nicht unterworfen, so wie ich es viele Jahre als Kind habe tun müssen? Muss ich dann nicht fast dem Kollegen dankbar sein, dass er sich so idiotisch verhalten hat? Nur so hat er mir ermöglicht, zurück zu professionellen Durchführung der Reise zu kommen und die Freude am Unterwegssein wieder zu erleben, ohne den brennenden Zorn in der Magengegend zu spüren. Jeden der acht Tage hätte ich nur erlitten durch Selbsterniedrigung und Verachtung. Wie gerne hätte ich auf dieses Theater verzichtet.

Gut, dass mir das erspart geblieben ist. Gut, dass ich die positive Erfahrung von Mut angesichts einer Auseinandersetzung machen konnte und das gute Gefühl erlebte, zu mir gestanden zu haben.

Krach

2 Gedanken zu „Krach

  • 11. Juni 2019 um 21:30 Uhr
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    Hallo Matthias ich habe gerade erst gelesen was du geschrieben hast. Auf unserer letzten Reise habe ich dir gesagt, dass du schon so viel weiter und stärker bist als ich. Du hattest zwei Möglichkeiten. Die erste war dich freiwillig in die “ Opferhaltung “ zu begeben wie ich es vielleicht schwacherweise gemacht hätte. Du bist hingestanden und hast diese schlechte Behandlung verweigert. Ich ziehe symbolisch meinen Hut vor dir und möchte dir sagen, dass ich grossen Respekt vor deinem Verhalten habe. Lieber Gruss und bis am Freitag. Andrea

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  • 10. Juni 2019 um 18:32 Uhr
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    Gut gemacht Matthias….bleib stark….bleib echt…bleib Du selbst! Bin stolz auf Dich. Bussi, Inken

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