Zwiespältiges

Wie soll mein Leben aussehen, wie wünsche ich es mir? Ganz lange fand ich gar keine Antwort auf diese Fragen, konnte mir nicht vorstellen, dass ich mir meine Träume gönnen könnte und mein Leben nach meinen Wünschen gestalten dürfte. Und dann habe ich damit begonnen, habe vieles umgewälzt und einiges Neues begonnen und dabei das Gefühl gehabt, etwas ganz Ungeheuerliches zu tun. Alles fühlt sich zur Zeit richtig an, ich habe es ja bereits beschrieben. Warum aber nun wieder Zweifel? Als ich diesen Beitrag anlegte, wurde mir bewußt, dass ich bereits das dritte Mal über meine Zweifel schreibe. Offensichtlich sind mir die Zweifel ziemlich treu….

Einige Tage habe ich hier im Fahrerappartement mit einem Pärchen zusammen gewohnt. Ich hatte sie getroffen, als ich den Fahrer auf der Rückfahrt von Spanien am Steuer abzulösen hatte. Wir füllten die gemeinsame Zeit mit lockerem Geplauder und sie erzählten viele Begebenheiten aus ihrer Zeit als Reiseteam – er fährt den Bus und sie bewirtet die Gäste. Seit Anfang Februar waren sie in Spanien unterwegs, jetzt sind sie gerade in Belgien, danach geht es nach Schweden. Sie haben eine Wohnung im Bergischen Land, die sie wohl erst Ende November wiedersehen werden. Die Zeit bis dahin sind sie mit den diversen Gästen unterwegs, die für eine Woche oder zehn Tage auf der gemeinsamen Reise dabei sind und danach wieder verschwunden sind. Und in dieser Zeit leben sie in verschiedenen Hotels mit den Sachen, die sie im Koffer dabei haben.

Ganz abgesehen davon, dass ich keine Partnerin habe, mit der ich ein solches Reiseteam bilden könnte, versuche ich mich in ein solches Szenario hinein zu versetzen und merke, dass es mir erhebliche Schwierigkeiten macht – obwohl ich doch gerne Reisen möchte. Auf dem PCT habe ich für mich herausgefunden, wie sehr ich mir wünsche, endlich einmal anzukommen: bei mir selbst. Zur Zeit bin ich auf Wohnungssuche, denn mein provisorischer Verbleib hier im Fahrerappartement soll ja ein baldiges Ende haben. Immer auf der Arbeitsstelle zu leben, lässt das Ausspannen schwierig werden, ich merke es bereits jetzt. Ich wünsche mir eine eigene Wohnung, um wieder heimisch werden zu können. Dabei will ich mich nicht auf einen faulen Kompromiss einlassen, sondern meine Wünsche an eine Wohnung Wirklichkeit werden lassen und sie mir ausdrücklich schön machen. Ich möchte ja ankommen, und mir scheint, dass dazu ein Ort notwendig ist, an dem ich mich wohlfühle, den ich nach meinen Vorstellungen gestaltet habe und an den ich heimkommen kann. Wo ich meine Freunde treffen und eventuell auch einmal wieder eine Beziehung führen kann.

Wenn ich jedoch als Reisefahrer, wie oben beschrieben, arbeiten würde, welchen Stellenwert hätte dann diese Wohnung? Wäre es ein Ort zum Ankommen und Wohlfühlen oder nur eine Absteige während weniger Wochen, in denen die Saison zum Reisen etwas ruht? Wo wäre ich zuhause? Ist ein Ankommen unter diesen Bedingungen überhaupt möglich? Würde ich das wollen und würde mir das gut tun? Oder bin ich da bereits wieder auf einem gedanklichen Irrweg? Oder ist die Suche nach der Wohnung der Irrweg und meine Zukunft liegt in dem ruhelosen Umherziehen als Reisefahrer?

Wie finde ich das heraus?

 

 

 

Zwiespältiges

2 Gedanken zu „Zwiespältiges

  • 14. Juni 2018 um 4:40 Uhr
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    Hallo Papa,
    ich habe sehr lange gebraucht um hierher zu kommen:

    Ich verzeihe dir!

    Und ich wünsche dir, dass du irgendwann einmal die Kraft findest dich deiner Vergangenheit zu stellen und nicht mehr versuchst ihr zu entkommen.

    In Liebe,
    Robert

    Antworten
  • 4. Juni 2018 um 19:35 Uhr
    Permalink

    Lieber Matthias!
    Ich glaube, dass Du eigentlich gar nicht wirklich ankommen möchtest, sonst hättest Du Dir einen anderen Job ausgesucht. Du wolltest doch unterwegs sein, was ist schlecht daran?
    Und nicht umsonst wird das Leben mit einer Reise verglichen. Wenn man dann ankommt, ist Stillstand – ist das Grab. Insofern bist Du doch ganz richtig auf dem Weg – wie immer er auch aussieht. Dessenungeachtet sollst Du jedoch auch eine Wohnung haben, einen Ort, an dem man sich mal hängen lassen kann, der Refugium und sichere Burg darstellt. Ich finde, das schließt sich nicht gegenseitig aus.
    Ich wünsche Dir viel Erfolg beim Finden dieses Refugiums!
    Mit lieben Grüßen
    Irene

    Antworten

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