Der Zug

der zug

 

die fahrt war lang, ich bin müde
von den ständigen stößen des lebens,
dem zermürbenden rumpeln der räder
und den nicht enden wollenden erschütterungen,
dem unerwarteten schlingern des wagens

 

ich blicke zurück, soweit ich sehen kann,
und mich schaudert angesichts der riesigen strecke,
die ich zurück gelegt habe, mit den endlosen wüsten,
durch die ich in niederdrückender eintönigkeit gefahren bin,
durch lange tunnel voller rußiger schwärze

 

ich bin traurig und vermisse die menschen, die meinen zug
bereits an einem früheren haltepunkt verlassen haben,
denen ich mich mit einem gefühl von liebe verbunden fühle
und bin gleichzeitig froh, dass einige von ihnen
nicht noch länger in meinem abteil geblieben sind

 

mir ist klar, dass ich nun umsteigen muss,
der bahnhof ist eine station auf meiner fahrt
ich werde den zug verlassen, der mir vertraut ist
und es wartet ein neuer zug auf mich, fremd und ungewohnt
und eine strecke, die ich noch nicht kenne

 

ich habe angst, wenn ich auf den bahnsteig trete,
alles ist mir unbekannt und unheimlich, nicht vertraut
doch menschen empfangen mich mit wärme als einen der ihren,
nehmen mich in den arm und machen es mir leicht,
hören mir zu und verstehen meine angst

 

sie machen mir mut, auf meinen zug zu warten,
mit all der befangenheit vor der unbekannten strecke,
die mich reizt und die ich unbedingt fahren möchte
und vor der ich mich trotzdem schlotternd ängstige,
mutlos angesichts ihres ausmasses und ihrer größe

 

ich gehe zitternd mit festem schritt auf mein neues abteil zu,
werde ich mich mit all meinem mut und meiner angst
wieder auf den weg machen, den neuen zug besteigen
und wünsche mir sehnlichst den nachhall der umarmungen
und der mutmachenden worte – gegen meine zweifel

 

© Matthias Maas 2016

Der Zug

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