Denn wer weiß, wann….

Auf einer meiner letzten Feten in Rottweil, die ich als Tag der Freunde bezeichne, habe ich parallel zum Aperitif als Einstimmung ein Lied von Reinhard Mey gespielt. Ich wurde etwas schräg angesehen, Reinhard Mey ist wohl nicht mehr „en vogue“, obwohl es zum Teil sehr gute Texte sind, zu denen er singt. Man hört halt eher Miles Davis. Und entgegen der von mit angestrebten Botschaft hörte auch niemand richtig auf den Text, was ein bisschen schade war. Denn es ging um Freunde und den Aufruf, jede sich bietende Möglichkeit zu nutzen, um miteinander ein Glas zu erheben (wobei es nicht ums Saufen geht…). Und weil mir dann auch klar geworden war, dass keiner meiner Freunde die Botschaft verstanden hatte, möchte ich den Text aus aktuellem Anlass zum Nachlesen anbieten:

Auf den guten Wind, der uns hergeweht
Freunde, lasst uns trinken
Wohin der Wetterhahn auch dreht
Bis wir vornüber sinken
D’rauf, dass ich euch im Weltenlabyrinth
Unverdrossen, wohlauf wiederfind‘
D’rauf, dass wir noch einmal davongekommen sind
Freunde, wollen wir trinken

Auf die schöne, kurze Zeit zu nehmen und zu geben
Den Augenblick der Ewigkeit, den wir auf Erden leben

Auf die Menschenbrüder im Erdenrund
Freunde, lasst uns trinken
Schwarzes Schaf und armer Hund
Bis wir vornüber sinken
Auf die Nicht-Helden hier und anderswo
Auf die guten Verlierer sowieso
Auf die Treue, diese Nadel im Haufen Stroh
Freunde, wollen wir trinken

Auf die schöne, kurze Zeit zu nehmen und zu geben
Den Augenblick der Ewigkeit, den wir auf Erden leben

Auf jeden, der aufrichtig liebt
Freunde, lasst uns trinken
Den Klügeren, der stets nachgibt
Bis wir vornüber sinken
Auf den Fels in der Brandung, unbeirrt
Auf den, dem ein Kummer den Sinn verwirrt
Auf jedes Kind, das heute Nacht geboren wird
Freunde, wollen wir trinken

Auf die schöne, kurze Zeit zu nehmen und zu geben
Den Augenblick der Ewigkeit, den wir auf Erden leben

So füllt ein letztes Mal den Krug
Freunde, lasst uns trinken
Der kleinste Grund, ist Grund genug
Bis wir vornüber sinken
Denn, wer weiß, wann die letzte Stunde schlägt
Wann der Schreiner die letzte Kammer sägt
Bis man uns die Füße voraus davonträgt
Freunde, wollen wir trinken

Text: Reinhard Mey

Heute ist heiliger Abend und ich bin gerade aus Würzburg zurückgekommen. Dort habe ich einen meiner besten Freunde und einen wunderbaren Menschen mit vielen anderen Trauernden zu Grabe getragen. Und seit gestern geht mir der obige Text nicht aus dem Kopf und berührt mich viel mehr als die Trauerfeier. Als wäre mein Ansinnen damals fast prophetisch gewesen, hat nun die Realität einen aus unserem Kreis weggeholt, obwohl ich ja alle „auf dem Erdenrund unverdrossen wohlauf“ wiederfinden wollte. Und ich wusste natürlich nicht, wann für Armin die letzte Stunde schlägt und dass es so bald sein würde.

Und so ist mir ganz unweihnachtlich zum Heulen zumute. Du fehlst mir sehr, lieber Armin!

Denn wer weiß, wann….

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