Da stand ich am Herd und war dabei, die letzten Elisenlebkuchen zu backen, während meine Freundin, den Rechner vor sich, am Esstisch saß. Mittels einer Videokonferenz war sie mit all ihren Kindern und Enkelkindern verbunden, selbst mit ihrem Exmann. Alle konnten sich sehen, miteinander reden und sich austauschen. Sie waren zu einem (nicht ganz ernst gemeinten) familiären Ratequiz verabredet, das ihr Sohn aus den Niederlanden organisiert hatte. Dazu war auch das Mobiltelefon auf dem Tisch notwendig, über welches die Quizfragen beantwortet werden konnten.
Das Ganze dauerte eine gute Stunde, in der ich versuchte, nicht all zu sehr mit den Backblechen zu klappern, zu fluchen oder ähnlich dumme Dinge zu tun. Das gelang recht gut, auch die Lebkuchen sind in dieser Zeit grandios geworden. Und doch merkte ich, dass es mich extrem bedrückte, bei dem fröhlichen Treiben dabei zu sein. Es ging wirklich hoch her, mit viel Gelächter und flotten Sprüchen. Ich war mit dem Backen bereits fertig, ehe sie die Verbindungen kappte, sodass ich mich etwas zurückziehen konnte, um nachzuspüren, was da gerade passiert war. Es war ein Absturz wie in früheren, deutlich schlechteren Jahren.
Es war nicht die Fröhlichkeit und das Lachen, was mir die Stimmung verhagelt hatte. Es hängt viel mehr damit zusammen, dass mir an diesem Beispiel wieder einmal bewusst wurde, dass ich in dem Sinne keine Familie mehr habe. Ich könnte keine Videokonferenz mit meinen Kinden machen, denn sie wollen offensichtlich keinen Kontakt. Eigentlich kenne ich sie auch gar nicht mehr. Und so weiß ich nicht einmal, ob ich eventuell Enkelkinder habe. Es tat unheimlich weh, als mir dieser Zusammenhang bewusst wurde, und es tut noch immer weh.
Dazu kommt noch, dass durch das bevorstehende Weihnachtsfest genau dieser Mangel in meinem Leben noch zusätzlich betont wird. Ich habe eigentlich immer sehr gerne geschenkt und würde es gerne wieder tun. Auch wenn es derzeit vermutlich durch die Finanzen ziemlich begrenzt werden würde, gibt es aber keine Geschenke, mit denen ich meinen Kindern eine Freude bereiten dürfte. Noch immer schmücke ich den Weihnachtsbaum, zusätzlich zu Kugeln und Kerzen, mit Süßigkeiten, von denen meine Kinder in früheren Jahren so gerne genascht haben. Und wegen dieser an sich schönen Erinnerung tue ich es jedes Jahr aufs Neue, auch wenn es meine Kinder nicht in Anspruch nehmen werden. Jetzt werde ich sie wohl selbst essen.
Ich spüre wieder den alten Schmerz im Brustkorb, sodass das Atmen schwerer wird, als es infolge der Maske ohnehin ist. Und ich merke die übergroße Traurigkeit, die derzeit knapp unter der Oberfläche liegt. Sie begleitet mich schon seit Jahren, wann immer die Erinnerungen an diese verlorenen Momente wieder geweckt werden. Aber auch in diesem Jahr werde ich am heiligen Abend am leuchtenden Weihnachtsbaum sitzen und an meine Kinder denken. Und werde mir dann einen Gelee-Stern vom Weihnachtsbaum holen und in Gedanken an sie geniessen.
Und es im folgenden Jahr sicherlich genauso wieder tun.
…ich kann das jetzt so einfach schreiben und stecke nicht in der Situation…aber vielleicht solltest Du einfach mal zu deinen Kindern fahren und es Dir “ vor den Kopf knallen lassen“ dass sie nix von Dir wollen. Und wenn dann nochmal eine Ablehnung kommt, dann lass sie gehen. Dann ist ihnen nicht zu helfen. Und dann weißt Du wo stehst. Du kannst doch nicht immer nur hoffen. Das macht Dich doch nur kaputt. Ich weiß, es sind deine Kinder, aber man muss doch auch mal abschliessen, was nicht zu ändern ist. Sei nicht bös wenn ich das jetzt so schreibe. Mir bricht es das Herz wenn Du unglücklich bist. Trotzdem schöne Weihnachten.
… das einzige was mir jetzt zu Deinen Zeilen einfällt ist: FÜHLE DICH HERZLICH UMARMT VON MIR – ROLAND