In der Musik gibt es verschiedene Vertonungen der diversen Jahreszeiten. Mal gibt es sie als Orchesterwerk, dann aber auch mit Chor und Solisten. Offensichtlich hat die sich ständig verändernde Natur die Komponisten in allen Zeite beschäftigt und inspiriert. Ich bin kein Komponist, jedoch schreibe ich heute über die aktuelle Jahreszeit, allerdings eben nur einen Text.
Meine innere Uhr treibt mich dazu, gegen sechs Uhr morgens wach zu werden, auch wenn ich nicht zur Arbeit muss. Vor einigen Tagen war es wieder so, dass ich mit müden Augen, aber eben doch schon etwas wach im Bett lag. Das Fenster stand, wie immer im Sommer, sperrangelweit offen. Und die Krähe, die in geringer Entfernung auf irgendeiner Regenrinne sitzen musste, war auf diese Weise mit ihrem „Krah, Krah“ überdeutlich zu vernehmen, laut und störend. Aus dem Kissen neben mir erklang ein ziemlich müdes und etwas gereiztes „Ruhe“, dem ich innerlich vollkommen zustimmte. Und auch, wenn die Krähe diese Kritik angesichts der morgendlichen Ruhestörung gar nicht gehört hatte, dafür war sie zu leise gewesen, so hörte sie bald auf, eventuell war sie einfach weitergeflogen. Und in der sich ausbreitenden Ruhe des Morgens fiel es mir auf: Die Singvögel haben aufgehört, morgens zu singen!
In den letzten Tagen, wenn ich wie täglich mit meinem Linienbus durch den Kreis Tuttlingen fahre, ist mir zudem aufgefallen, dass die Störche, über die ich hier bereits öfter geschrieben habe und die ich so gerne sehe, offensichtlich nicht mehr da sind. Alle Nester sind verwaist und auf den Wiesen stehen keine der rotbeinigen Vögel mehr herum. Nun muss ich mich wieder mit den Reihern begnügen, die keine Zugvögel zu sein scheinen. Aber auch die Mauersegler, die in den Gassen um meine Wohnung herum immer mit viel Engagement und Gezwitscher unterwegs waren, sind nicht mehr zu hören: Sie sind davongeflogen, ohne sich zu verabschieden.
Der Sommer geht zu Ende. Und obwohl mir die sich ständig ändernden Jahreszeiten bewusst sind, so bedrückt und deprimiert mich das sich ausbreitende Gefühl, dass der Sommer vorbei ist. Es fühlt sich an wie eine diffuse Angst vor einer bevorstehenden Veränderung: Weniger Sonnenschein, nur noch selten das Gefühl der brennenden Sonnenstrahlen auf der Haut, abgeerntete Felder und der zunehmende Braunton in der Natur, kürzere Tage und weniger Wärme. Und eben die Vögel, die nicht mehr singen. Obwohl ich weiß, dass es nächstes Jahr wieder einen Sommer gibt, möchte ich nicht, dass der diesjährige jetzt bereits endet. Es ist der einzige Wechsel der Jahreszeiten, bei dem ich so fühle, obwohl ich gleichzeitig auch den Herbst zu schätzen weiß.
Warum ist das so?
Hallo Matthias!
Mir geht es genauso! Besonders das Schweigen der (meisten) Vögel betrachte ich als Mangel oder fast schon als „Liebesentzug“, denn ich liebe den Gesang der Vögel so sehr. Dieses Gefühl ist mit der Zunahme meiner Jahre stärker geworden und ich habe mich schon öfter gefragt, ob der Verlust des Sommers im Zusammenhang mit unserem Verlust des (Lebens)sommers zu sehen ist und im Zusammenhang damit der aufkeimenden Unsicherheit, was und im (Lebens)herbst erwarten wird. Deshalb glaube ich auch, dass ich so besonders den Frühling liebe, wo alles neu entsteht und sich positiv und freundlich entwickelt. Aber es ist doch auch ein Trost, dass die Vögel, deren Gesang Du jetzt vermißt, mit absoluter Sicherheit im nächsten Frühling wiederkommen und vielleicht schätzt man sie deshalb so, weil man sich über ihre Ankunft nach ihrer Unerreichbarkeit im Winter so besonders freuen kann. Lieben Gruß