Das Liebste

Wenn ich zum Zweck der Zerstreuung im Internet unterwegs bin, stolpere ich oft über Dinge, die mich eher zufällig finden, als dass ich sie gefunden hätte. Nun ernte ich hier bestimmt gleich wieder heftigen Widerspruch, der auf der Ansicht basiert, dass es keine Zufälle gibt. Dazu fehlt mir derzeit eine gründlich bedachte Position, und ich will es hier auch gar nicht diskutieren.

Statt dessen teile ich hier mein heutiges Fundstück:

„Suche von den Dingen, die Du hast, die Liebsten aus und bedenke, wie sehr Du sie suchen würdest, wenn Du sie nicht hättest.“
(Marc Aurel)

Als ich unter der morgendlichen Dusche stand und über diesen Satz nachdachte, merkte ich, dass da etwas in mir zum Schwingen gebracht wurde. Und auf der Suche nach dem „Liebsten“ fing ich an, über all das nachzudenken, was ich besitze. Aber es fühlte sich alles leer und hohl an. Natürlich freue ich mich über die warme Decke und die schöne Bettwäsche, die derzeit aufgezogen ist. Und ich bin sehr froh über das Motorrad, das mir meditative Ausflüge und das Gefühl erlaubt, ohne Grenzen an der frischen Luft durch die Landschaft zu fahren. Ich mag meine Kamera und möchte sie nicht hergeben, auch wenn ich sie beruflich nicht mehr benutze. Auch meinen Rechner finde ich gut, wie könnte ich sonst diesen Beitrag schreiben. Und es gibt wichtige Bücher, die mir sehr ans Herz gewachsen sind. Im Regal finde ich schöne Weingläser, die darauf warten, dass ich aus dem kleine Vorrat guten Weins eine Flasche entkorke. Aber nichts davon ist für mich das „Liebste“, wie es Marc Aurel fordert. Sicher wäre es schade, aber ich glaube, ich könnte auch ohne diese Dinge leben.

Der materielle Besitz scheint es nicht zu sein, vielleicht meint Marc Aurel ja andere „Dinge“. Es könnten natürlich Menschen sein. Freunde? Ja, ich habe derart gute Freunde, dass ich mich reich beschenkt fühle. Aber alle Freundschaften habe auch ihre Zeit und es gibt keine Garantie, dass sie für immer bestehen bleiben. Und ich habe in der Vergangenheit gute Freundschaften verloren, oder zumindest solche, die ich für gute gehalten hatte. Und auch, wenn es weh tat, ging es in der Folgezeit auch ohne diese Menschen. Familie? Partnerin? Ist beides nicht zutreffend, kommt bei mir nicht so sehr vor. Natürlich ist da eine Sehnsucht nach meinem Lieblingsmenschen, wie auch immer sie aussehen würde. Ich selbst? Hätte ich mich nicht, würde ich mich doch nicht vermissen, folglich würde ich mich nicht suchen. Oder denke ich schon wieder viel zu kompliziert?

Was könnte also in meinem Leben das „Liebste“ sein?

Das Liebste

3 Gedanken zu „Das Liebste

  • 4. Februar 2019 um 19:05 Uhr
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    Die Liebe! Zu dir, zu Menschen, zu Dingen, zum Leben. Damit klappt es das Leben zu meistern und für die Welt wäre es besser.

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  • 23. Januar 2019 um 20:00 Uhr
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    Sinnspruch im Hekaton:

    Du fragst, sagte er, was ich hinzugelernt habe ?
    Ich fange an, mir selbst Freund zu sein.
    Viel hat ein solcher Mann gewonnen.
    Nie wird er allein sein.
    Für alle – daran solltest Du denken – ist er ein Freund.

    Seneca, moralische Briefe an Lucilius

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  • 20. Januar 2019 um 20:22 Uhr
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    …. ach, immer diese superlative…. ginge es nicht auch mosaikartig: das motorrad, die freunde, das frühstück…. all dies mit liebe zubereitet und genossen. wenn ich genau nachdenke, liegt das liebste nicht im außen sondern im innen. hab ich mich klar ausgedrückt?

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