Vertraut

Ich stand am Flugplatz in Stuttgart und war etwas verärgert. Weniger über den Umstand, dass ich fünf Stunden Wartezeit bis zum Abflug meiner Maschine hatte. Nein, eher über mich selbst, weil ich nicht oder nicht weit genug nachgedacht hatte. Von meinem Arbeitgeber wurde ich mit dem Flugzeug nach Barcelona geschickt, um dort einen Kollegen auf der Heimfahrt nach Rottweil abzulösen. Diese Strecke konnte er nicht innerhalb eines Tages bewältigen, der Bus wurde aber hier vor Ort dringend gebraucht. Und wegen der europäischen Vorschriften über die Lenkzeiten, deren Überziehen besonders in Frankreich ziemlich teuer werden kann, wurde ich als Zweitfahrer hingeschickt, um ihn in der Nähe von Orange/F. abzulösen. So würden wir die Strecke doch innerhalb eines Tages schaffen.

Ich hatte mich also auf diesen Auftrag vorbereitet, den Transfer zum Flughafen hinter mir und wartete nun auf den Flug, auf den ich mich sehr freute. Und während ich wartete, schaltete sich auf einmal das Gehirn ein, das vorher wohl im Pausen-Modus gelaufen war. Ich erinnerte mich plötzlich an die verschärften Vorschriften über Flüssigkeiten auf Flügen. Gleichzeitig wurde mir bewußt, dass ich Zahnpasta, Duschbad und Parfüm dabei hatte. Besorgt ging ich zu einer freundlichen Dame beim Zoll und fragte nach. Und mit ihrer Freundlichkeit machte sie mir klar, dass ich mit dieser Ausstattung im Handgepäck nicht würde fliegen können.

So stand ich vor einem Problem, für das ich eine schnelle Lösung finden musste – mit all dem Ärger über mich selbst, weil ich nicht eher darüber nachgedacht hatte. Denn ich hatte zur Vereinfachung alles in einen Rucksack gepackt, was ich mitnehmen wollte. Zu meinem Glück stand ich ja nicht unter Zeitdruck, sodass ich in Ruhe nachdenken konnte. Natürlich fand ich auch eine Lösung:

Ich war ohnehin bereits seit Tagen auf der Suche nach einer Tasche, die ich als Vademecum auf meinen Einsätzen im Bus mitführen könnte und die alles aufnehmen würde, was ich auf diesen Touren dabei haben wollte. In Rottweil hatte ich noch keinen Laden gefunden, der etwas Passendes hatte. Und so machte ich mich auf dem Flughafen auf die Suche, mit dem Bewußtsein, dass ich auf diese Weise wahrscheinlich einen Flughafen-Aufpreis würde zahlen müssen. Andererseits würde eine zusätzliche Tasche mein Handgepäck aufnehmen, während ich alle anderen Sachen im Rucksack aufgeben würde und somit mit den Flüssigkeiten keine Probleme mehr haben würde. Nachdem ich verschiedene Produkte angeschaut hatte, entschied ich mich für diese Tasche und hatte Glück, dass es eine Sonderaktion gab, und einen zusätzlichen Rabatt, und noch diesen Nachlass….. Sie wurde nicht annähernd so teuer, wie ich gefürchtet hatte.

Und nun begleitet sie mich auf allen Fahrten. Sie hat verschiedene Fächer, in denen Geldbeutel und Telefon verstaut werden können. Auch die Mappe hat ihren Platz, in der ich meine Dokumentation führe (für den Fall der Kontrolle durch Polizei, Zoll oder BAG), auch die Handschuhe fürs Tanken, das Navigationsgerät, etc. Und es ist genug Platz, dass ich auch den Fahrtauftrag, der hier intern als „Akt“ bezeichnet wird, verstauen kann. Nach wenigen Tagen kristallisierte sich eine Art des Packens heraus, die zur Normalität und vollkommen gewohnt wurde – als wäre es schon immer so gewesen. Und so ist sie mir, in den wenigen Tagen, so vertraut worden, wie es der Rucksack auf der Wanderung in den USA gewesen war. Ich freue mich, wenn ich sie bereit stehen sehe, fertig gepackt für die nächste Fahrt.

Es ist doch bloß eine Tasche….. und doch ist sie ein Grund zur Freude!

Vertraut

Ein Gedanke zu „Vertraut

  • 10. Juni 2018 um 18:04 Uhr
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    Das ist sooooo süß, wenn ein Mann was über eine neu gekaufte Tasche schreibt…..ich kauf ja öfter neue Taschen und erfreue mich daran….aber bei nem Mann ist das so drollig. Lieber Matthias, bitte bleib so wie Du bist. Bussi, Inken

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