Heute habe ich meinen Flug fest gemacht. Ich werde nun definitiv am 14. April von Frankfurt nach San Diego fliegen und mich am 18. April auf den Weg machen. Die Tage dazwischen werde ich sicher sinnvoll nutzen, indem ich die Bevorratung mit Essen, Gas und anderen Notwendigkeiten organisiere und mir eine amerikanische Telefonkarte beschaffe. Diese brauche ich ja ganz dringend, um diesen Blog weiter führen zu können.
Und während ich mich doch ziemlich über diese Entscheidung freue, löse ich meinen Haushalt auf. Alle meine Schallplatten sind nun weg, die letzten zehn Stück habe ich über Ebay zu geradezu abenteuerlichen Preisen versteigern können. Und die Fotobücher sind bereits mindestens auf die Hälfte eingedampft. In kurzen Abständen sind ehemalige Teilnehmer meiner VHS-Kurse hergekommen und haben die Bücher ausgesucht, für die sie sich interessieren. Und in diesem Rahmen gab es dann die schicksalsschwere Frage an mich: Was wirst Du vermissen?
Ja, was werde ich vermissen? Ich habe seither darüber nachgedacht. Es ist gar nicht so einfach. Je länger ich überlege, umso eher komme ich dazu, dass ich gar nicht so viel vermissen werde. Ganz sicher werde ich die Gewohnheit der eigenen, funktionsfähigen Wohnung vermissen. Einfach an den Kühlschrank gehen, sich ins Bett legen oder Musik hören, wenn mir danach ist. Es ist bequem, wenn alles bekannt und geordnet ist, sodass ich immer weiß, wo was liegt und das Leben auf diese Weise unaufregend und einförmig geworden ist. Das werde ich vielleicht vermissen – und gebe es genau darum auf.
Auch die gewohnte Umgebung wird eventuell dazu gehören. Ich kenne inzwischen ganz viele Straßen in Würzburg, kenne mich fast blind aus. Aber ich bin hier nie zuhause gewesen. Und empfinde es als total reizlos, hier unterwegs zu sein. Um das Gefühl von Urlaub zu haben, muss ich schon weiter weg fahren. Auch wenn ich mit dem Motorrad unterwegs bin, brauche ich immer einen gewissen Abstand zu Würzburg, um etwas Neues entdecken zu können und mich daran zu freuen. Ich bin eben gerne unterwegs, von Ort zu Ort, eben so, wie es auf dem Jakobsweg war und wie es auf dem PCT sein wird.
Und während ich so die verschiedenen Aspekte des Vermissens untersuchte, machte ich doch eine interessante Entdeckung. Meine Freunde! Eigentlich fiel es mir auf, als ich für sie am vergangenen Samstag eine Feier mit selbstgemachter Pizza veranstaltete. Wir waren achtzehn Personen und es ging wie immer sehr fröhlich zu, mit guten Gesprächen und Rotwein und einer selbst für meine Feten außergewöhnlichen Geschwindigkeit beim Pizzaverbrauch. Und als ich so im Kreis der Freunde und ihrer PartnerInnen saß, musste ich es auch einmal aussprechen: Wie viel mir diese Freunde bedeuten und wie sehr sie zu meiner Hilfsfamilie geworden sind. Manche sehe ich öfter als andere, aber alle sind sie mir wertvoll und eine Stütze für mein Leben. Ich habe es sehr deutlich gespürt, besonders als ich sie so nach und nach verabschiedet habe und eine Rührung in mir spürte angesichts der Erkenntnis, dass sie meinetwegen gekommen waren. Ich habe sie ganz fest umarmt und erlebte ganz besondere Momente der Nähe.
Werde ich sie vermissen? Nein, denn sie sind stets in mir. Ich werde vielleicht die Gesellschaft und das schnelle Telefonat mit ihnen vermissen, den gemeinschaftlich ausgetrunkenen Rotwein und das gute Gespräch, den Trost, wenn es mir mal nicht so gut geht. Aber nicht die Freunde, denn sie sind in mir und ich nehme sie auf die Wanderung mit, indem ich an sie denke, für sie diesen Blog schreibe und mich ihnen auf diese Weise mitteile. Und ich weiß, dass ich sie nicht verlieren werde, nur weil ich auf die Wanderung meines Lebens gehe. Ich habe immer noch gute Freunde aus meiner Berliner Zeit, die mir nicht verloren gegangen sind, als ich wegzog. Ich habe mich bemüht, den Kontakt mit ihnen am Leben zu halten und sie haben es auch getan. Einer von Ihnen kam sogar als Überraschungsgast unangemeldet zum Pizzaessen! Ich habe mich so gefreut, ihn hier zu sehen, zum ersten Mal in dieser Wohnung. Du hast mir eine große Freude gemacht, lieber Norbert.
Und so denke ich, dass ich auch meine Würzburger Freunde nicht verlieren werde, wenn sie und ich es wollen. Und egal, wo ich nach meiner Rückkehr leben werde, kann ich per Telefon oder Mail den Kontakt lebendig halten und wir können uns sehen, wenn wir es wollen und wenn es möglich ist. Ich jedenfalls werde mich bemühen, sie auch in meinem zukünftigen Leben bei mir zu haben.
Es ist so schön, solche Freunde zu haben!
Lieber Matthias; Du hast so Recht, man trägt seine Lieben im Herzen, wohin man geht, wo man auch ist. Und auch wenn man 1000de Kilometer auseinander lebt, man sieht sich, hört sich, schreibt sich, so viel es geht und es einem wichtig ist. Und es hält Jahrzehnte an, denn diese Menschen sind einfach wichtig für das Leben, sie sind wie Familie. Und so bist auch Du ein Teil meiner Wahlfamilie, egal wo Du bist. Und ich verspreche Dir, das ändert sich auch nimmer!
Danke für den tollen (Pizza)-Abend bei Dir, deine Pizza ist echt die Beste!!!!
Alles Liebe, Inken