Was kommt noch alles?

Manchmal habe ich den Eindruck, alles hätte sich gegen mich verschworen und sorge mich vor dem, was als Nächstes kommen wird. Genauso geht es mir, seit ich in Apulien mit dem Bus unterwegs bin.

Es begann damit, dass ich in Peschici rückwärts um die Ecke fahren musste, weil der Fahrer eines italienischen Lieferwagens unter offensichtlichem Koffeinmangel sein Fahrzeug so unglücklich hingestellt hatte, dass ich den Platz am Friedhof nicht anders verlassen konnte. Nun schreckt mich das Rückwärtsfahren nicht mehr wirklich und eigentlich war es auch gar kein Problem. Ich sah im rechten Aussenspiegel den verzinkten Müllcontainer stehen und nahm wahr, dass ich zwischen ihm und der Kontur des Busses hindurch sehen konnte. Also war genug Platz – dachte ich. Was ich nicht sah, das war eine nach unten gebogene, offene Öse, um den Container mit einem Kran umsetzen zu können. Sie war einfach zu klein im Spiegelbild, fügte dem Bus am letzten Ende eine deutlichen Kratzer zu und zerbrach das farbige Plastik, welches das Rücklicht darstellt. Ich sah es in Teilen wegfliegen und bekam einen Riesenschreck. Ich bat meine Gäste um Geduld und besah den Schaden. Meine Stimmung sank blitzartig, denn ich wusste, dass das Plastik nicht mehr zu retten war und ein neues Teil sicher ziemlich teuer werden würde, möglicherweise muss ja das ganze Licht ausgetauscht werden.

Ich meldete den Schaden nach Rottweil und war ziemlich geknickt. Es ging mir noch ein paar Tage nach, obwohl ich aus Rottweil eigentlich nur Gelassenheit als Reaktion erlebte. Als wir dann die zweite Gruppe am Flughafen Bari übernommen und nach Castel del Monte gefahren hatten, sprach mich die Hostess an, ob ich irgendwo hängen geblieben wäre. Ich war ziemlich verwundert und relativ sicher, dass ich nirgendwo dagegen gefahren war. Zur Sicherheit ging ich nachsehen, ob ich einen wie auch immer gearteten Schaden finden konnte. Ich konnte. An der hinteren Ecke war ich wohl beim Abbiegen hängen geblieben, die Spuren lassen auf einen Kontakt mit einer Leitplanke schließen und die Umrissleuchte ist final zerstört worden. Wiederum brach meine Stimmung weg, besonders unter dem Aspekt, dass ich es nicht einmal bemerkt hatte. Und mir war klar, dass ich nichts würde tun können, um diesen Schaden zu beheben, dazu hatte ich die nötigen Ersatzteile gar nicht im Bus. Andererseits fahren in Italien Autos mit deutlicheren Schäden herum und niemanden stört es, wenn eine Lampe nicht funktioniert.

Das Hotel, welches wir am gleichen Tag bezogen, liegt östlich von Lecce am Rande eines Naturschutzgebietes. Und auch sonst werden in Italien wohl die Straßenbäume nicht geschnitten, ich hatte es bereits auf dem Gargano deutlich und schmerzhaft zu spüren bekommen. Mit Schaudern denke ich an die peitschenden Schläge der Äste, denen ich wegen Gegenverkehrs nicht hatte ausweichen können. So war es auch auf den Straßen rund um das Hotel. Daher fuhr ich meist relativ mittig auf meiner und der Gegenspur, solange es vertretbar war, und ertrug die leisen Kommentare des Gastes in der ersten Reihe, der sich mehrfach dazu hören ließ. Vor einer Woche waren wir gerade zu unserem täglichen Ausflug gestartet, als ich wegen des entgegen kommenden Autos wieder auf meine Spur zurück gefahren war. Nachdem es den Bus passiert hatte, wollte ich wieder zurück zu Mitte fahren, als es einen sehr lauten Schlag gegen den Bus gab. Natürlich erschrak ich ziemlich, die Hostess, die gerade ebenfalls vorne war und meine Reiseleiterin erschraken ebenfalls sehr. Keiner von uns hatte etwas gesehen! Mutmaßlich hatte es einen Ast gegeben, den ich nicht gesehen habe. Und leider hing er so tief, dass nun ein Riß in der Frontscheibe ist. Er liegt an der oberen, rechten Ecke, ist nicht sicherheitsrelevant und stört nicht beim Fahren. Trotzdem deprimierte es mich unheimlich. Die zerstörerischen Gedanken kamen wieder auf: Du bist nicht gut genug, du bist ungeeignet für diese Tätigkeit, usw. Es wurde erst besser, als ich meinen Mut zusammen nahm und alles in einer Mail nach Rottweil meldete und damit zu meiner Verantwortung stand.

Als Krönung des Ganzen sprach mich am vergangenen Dienstag eine Kundin an, dass hinten am Bus etwas herunter hängen würde. Also schaute ich gleich nach, denn bei der morgendlichen Abfahrtskontrolle hatte definitiv nichts herunter gehangen. Und mir wurde heiß und kalt, als ich sah, dass es ein zerrissener Keilriemen war, der da an der Anhängerkupplung herunter hing. Nun war mir auch die diffuse Fehlermeldung klar, die auf der Fahrt nach Leuca im Armaturenbrett aufgeleuchtet hatte. Der Keilriemen zum zweiten Generator war gerissen, die Fehlermeldung “G2” war im Benutzerhandbuch nicht einmal erwähnt… Mir war klar, dass ich keinerlei Erfahrung hatte, wie ich dieses Problem würde beheben können. An unserem nächsten Halt in Otranto versuchte ich, den Betriebsleiter und den Werkstattchef zu erreichen, konnte aber keinen von Beiden erwischen, es war wohl Mittagspause in Rottweil.

Meistens fange ich bereits beim Frühstück an zu schwitzen. Bisweilen verfolgt mich auch die Arbeit in den Träumen. Abends, wenn ich gegessen habe, bin ich meist so müde, dass ich die Augen nur noch mit Mühe aufhalten kann und mich sehr oft schnell zurück ziehe. Dabei versuche ich doch, die bestmögliche Arbeit abzuliefern und nehme mir Fehler sehr zu Herzen. Ich habe den Eindruck, irgendetwas soll ich hier lernen, auf dieser Tour durch Apulien.

Was aber kommt als Nächstes?

Was kommt noch alles?

2 Gedanken zu „Was kommt noch alles?

  • 7. Oktober 2018 um 14:00 Uhr
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    Lieber Matthias. Mach Dir keinen Kopf. Du machst ja keinen der Schäden mit Absicht. Aber irgendwie hast Du einen Lauf…aber Du bist nicht!!!!! unfähig. Mach Dir keinen Kopf!! Bei mir ist eine Vertretungskraft mit der Ameise ungebremst ins hintere Rolltor gefahren. Schaden über 1000€. Also….so’n Mist passiert. Nimm nicht Alles so persönlich!!! Bussi, Inken

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  • 6. Oktober 2018 um 19:52 Uhr
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    Wo gehobelt wird, fallen Späne…

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